Vier Gringos in San Ignacio

02.04.

 

Einen weiteren ganzen Tag in San Ignacio ohne Strom. An der Hotelrezeption versichert man mir immer wieder, dass es den bald wieder geben wird. Im kleinen Kiosk um die Ecke glaubt man, dass es noch drei Tage lang keinen geben wird. Die Menschen hier haben sich daran gewöhnt und kommen gut ohne Strom zu recht, sorgen sich nicht wirklich. Mir allerdings wird deutlich, wie sehr ich darauf angewiesen bin: Keine Internetverbindung, das Laden der Batterien für den Computer und die Fotokamera ist nicht möglich, kein Licht im Bad und Zimmer, die Geldautomaten funktionieren nicht … und ich bin mir nicht sicher, ob das bedeutet, dass meine nächsten Ziele auch keinen Strom haben und ich kein Geld mehr usw. Hinzu kommt die Sorge wie wohl die Straße von San Ignacio nach Jaen sein wird. Ich lenke mich ab und lese mein Buch „World without end“ von Ken Follett. Unterhalte mich am Abend mit Diane von der Hotelrezeption, die aus Kolumbien kommt und erfahre, dass mein nächstes Ziel über eine befahrbare Straße zu erreichen sein soll. Später am Abend gibt es tatsächlich wieder Strom und ich kann ins Internet, um zu sehen, wo Peter und Catherine lang gefahren sind. Auch sie versichern mir per Mail, dass die weitere Strecke problemlos sein soll mit schöner Aussicht. Das nehme ich den beiden ab. Bei den Aussagen der Einheimischen bin ich vorsichtig geworden, da deren Perspektive auf die Straßenverhältnisse in der Regel eine andere als meine europäische ist. Das hat zwar immer Mut gemacht zu hören „Alles kein Problem. Gut befahrbare Straßen. Mit dem Motorrad ist das möglich.“ , aber die Wirklichkeit hat mich etwas anderes gelehrt. Also gut, morgen plane ich weiter zu fahren und ich bin erstmal beruhigt.

03.04.

 

Zwar beruhigt über die kommenden Straßenverhältnisse, aber noch nicht abgefahren beobachte ich bereits seit zwei Tagen drei junge Europäer im Hotel. Wir vier sind die einzigen Gringos in der ganzen Stadt und sie haben noch nicht gegrüßt. Beim Frühstück wirft sie das Brötchen auf den Tisch und verzieht das Gesicht. Zu hart. Zu ungewohnt. Dazu Rührei. Die Unzufriedenheit ist deutlich sichtbar, ohne dass ich die Worte hören kann. Ich wundere mich. Hier, kleine Brötchen und Rührei wie schon in Zentralamerika. So etwas hätte ich gar nicht erwartet. Ich bin hoch zufrieden. Und sie schmecken mir. Beim nächsten Frühstück zitiert einer der beiden jungen Männer die Kellnerin zum Tisch. Die Geste: Solche Brötchen kann man doch nicht essen. Ich frage mich, wie die Menschen es hier überhaupt geschafft haben Brötchen zu backen nach dem gestrigen Stromausfall und in gleich guter Qualität. Da wird der ganze Unterschied deutlich: Wenn Europäer wie diese drei Londoner für zwei Wochen ins Hinterland von Peru reisen, ohne Informationen und mit Erwartungen, die denen zu Hause entsprechen, sich sehr abwertend geben und das die Menschen hier wissen und spüren lassen, kann ich verstehen, dass Gringos nicht gerade beliebt sind.

Beim Mittagessen ist das Hotelrestaurant gefüllt mit Schulkindern und ihren Müttern, Arbeitern und ganzen Familien. Auf den Tischen sehe ich bereits das leckere Essen: einen großen Teller Suppe, Reis mit pikant angemachtem Fleisch, einen Milchreis-Nachtisch und einen Ananassaft. Überlege schon genau das gleich zu bestellen und frage nach der Speisekarte. Ich bekomme keine in die Hand gedrückt und setze mich erstmal an einen Tisch. Die nette Kellnerin vom Frühstück kommt wenig später zu mir und ich nehme wahr, sie listet mir all die leckeren Sachen auf und es gibt wahrscheinlich gar kein zweites Menü. Da ist es mir fast ein bisschen peinlich, dass ich nach der Menükarte gefragt habe, die auf der Theke lag. „Si, si“, genau das nehme ich auch. Es gab tatsächlich noch eine Abwandlung des Menüs ist mir später aufgefallen, zahle sieben Soles und gebe der Kellerin noch einen Sol Trinkgeld. Sie freut sich, denn das ist in Peru nicht üblich.

Habe mich bereits gestern entschieden, noch einen Tag zu verlängern, denn ich habe gestern morgen meine Wäsche an der Rezeption abgegeben und gleich gefragt, ob sie per Hand gewaschen und in der Sonne getrocknet wird. Genau so war es. Auf fast allen Häusern gibt es Waschbecken zum Wäsche waschen und Leinen zum aufhängen. Da habe ich nicht mehr wirklich geglaubt, dass das wirklich nette drei Sterne Hotel eine Waschmaschine und einen Trockner hat. Im Laufe des Tages wurde mir auch klar, dass die zur Mittagszeit gewaschene Motorradkleidung so dick wie sie ist, nicht wirklich bis heute morgen trocken sein wird, trotz der sich in die Haut brennenden Äquatorsonne. Da ich nicht mit feuchter Kleidung weiter will, habe ich mich zum Bleiben entschieden und hänge zusammen mit einer Hotelmitarbeiterin die Wäsche in die Sonne auf dem Dach des Hotels auf.

Und habe Muße und Zeit die Dreiräder und Menschen vor dem Fenster des Hotels zu fotografieren, die Fotos zu bearbeiten, einen Mittagsschlaf zu halten und wie so gerne an dieser Seite zu arbeiten. Irgendwie ist San Ignacio gerade ein sehr schöner Ort für mich um zu Verweilen.