Titicacasee

der höchgelegene befahrbare See der Welt

08.05.

 

Die Fahrt von Ollantaytambo nach Puno am Titicacasee soll acht Stunden dauern, also stehe ich früh auf und direkt nach dem Frühstück geht es um halb neu auch schon los. Beim Tanken mache ich nicht zum ersten Mal die Erfahrung, dass man gerade in abgelegeneren Gegenden lieber ganze Geldscheine dabei hat. Scheine mit einem Riss oder sogar abgerissenene Kanten werden nicht akzeptiert. Und einen Blick auf Falschgeld zu haben, kann auch nicht schaden, hat man mir gesagt.

Da ich bereits in Cusco gewesen bin, Städte und den damit verbundenen Verkehr nicht gerade liebe, habe ich mich nach der Abkürzung über San Salvador erkundigt. Alles geteerte Straße und schöne Ausblicke auf der bis über 4.300 Meter hoch gelegenen Strecke mitten durch die Anden von Peru. Hier sind in meiner Karte vermerkte kleine gelbe Straßen nicht mehr steinig, schlammig und unbefahrbar, sondern bestens geteert und ich kann nach langer Zeit mal wieder richtig den Gashahn aufdrehen. Und so werden aus vermuteten acht Stunden Fahrt gerade mal angenehme sechs Stunden bis Puno.

Die Fahrt führt zwischen den Bergen entlang des Flusses Vilcanota und schließlich in die Pampa, eine grassteppenartige Hochebene, wo der weite Blicke auf schneebedeckte Berge fällt. Bis Puno wird es Stück für Stück immer etwas kälter. Gefühlte 14 Grad sind aber tatsächliche 20 Grad auf meinem Termometer.

Puno selbst hatte ich mir jedoch ganz anders vorgestellt. Kleines Dorf, nette Hotels am Titicacasee. Alles das finde ich hier jedoch nicht wirklich und die Touristen, die die ganztägige Tour auf dem See gebucht hatten, finden sie zu langwierig und nicht spannend genug. In einer kleinen Pizzeria unterhalte ich mich beim Essen mit zwei netten Belgiern, die mich zu den Uros Inseln einladen, aber da habe ich es mir schon anders überlegt. Ich will weiter und packe meine Sachen im Hostal Virgin de las Nieves (Avenida Titicaca No. 156 mit Motorradstellplätzen in der Hotelgarage) zusammen.

09.05.

 

Die Nacht war durchsetzt von Schlaflosigkeit, Atemnot und Herzrasen auf fast 4.000 Meter Höhe in Puno. Ich setze meine Fahrt fort in niedrigere Höhen nach Arequipa über Juliaca und an der Laguna Lagunillas vorbei. Die Landschaft bewirkt eine zufriedene innere Ruhe und läd ein zum Verweilen.

Nach gut zwei Stunden Fahrt auf Höhen von über 4.400 Metern mache ich Rast in einer unbeschreiblich schönen Landschaft mit Blick auf die drei schneebedeckten Vulkane: Chachani, Misti Pichupichu.

Schilder warnen vor den Lamas am Wegesrand und auf der Straße, die sich weder von meinem Motorrad noch von LKW beeindrucken lassen.

Kurz vor Arequipa erhebt sich eine unwirkliche Zementfabrik und die Werbung mit der Aufschrift KR lässt Heimatgefühle aufkommen. Es war die richtige Entscheidung den sonnigen Tag bei Temparaturen von 28 Grad zur Weiterfahrt in Richtung Süden zu nutzen.

In Arequipa finde ich im neben spanisch- auch deutschsprachigen Hostal La Casona de Jerusalen (Jerusalen 306 A) eine Herberge für 25 Soles mit Parkplatz für mein Motorad beim Bruder des Hostalbetreibers. Die zweit größte Stadt Perus ist wesentlich ruhiger als Lima, hat bei weitem nicht so viel Verkehr und einen netten Stadtkern. Lieber David in Abancay: Heimatfotos lassen grüßen!

10.05.

 

Im Hostal organisiere ich meine nächste Tour nach Chile, setze mein Motorrad zum Verkauf ins Internet und mache noch einen schönen Stadtbummel.

Arequipa gefällt mir von allen bisher besuchten Städten in Peru am besten. Einige Geschäfte und Restaurants haben ein so schönes Ambiente, dass es Freude macht zu bummeln, ein Stück Kuchen mit Cappuchino zu genießen und meine restlichen Soles für kleine Souvenirs auszugeben.

11.05.

 

Von Arequipa bis zur Grenze Santa Rosa nach Chile gibt es stundenlang nur Wüstenlandschaft zu sehen. Die Straße ist wenig befahren und ich kann manchmal kilometerweit kein Auto sehen. Da kann einem schon mal anders werden.

Und dann fahre ich auch noch durch ein Militärgebiet mitten in der Wüste durch. Fotografieren ist hier eigentlich nicht erlaubt. Ein Schild weist auf Düsenjets hin, die Bomben abwerfen. Ich stelle mir vor, wie mit ohrenbetäubendem Lärm ein Jet über mich hinweg rast und ein zweiter in Sichtweite eine Bombe abwirft, die explodiert und einen riesigen Krater im Sandboden hinterlässt. Nichts wie schnell weg hier.

Durch Moquegua fließt der Rio Osmore und begrünt die Sandwüste, in der es durch den Fahrtwind sogar eher kalt als warm ist.  

In den letzten Tagen habe ich immer wieder Bahnschienen durch die Steppe nach Puno und auf dem Weg nach Arequipa gesehen, aber keinen Zug. Und diesmal kann ich meinen Augen kaum trauen. Dort in der Ferne, das könnte wirklich ein Zug sein. Ja, es tatsächlich einer, der meinen Weg mitten in der Wüste kreuzt. Ein fast unwirkliches Bild entsteht auch durch die in weiter Ferne über der Sandwüste schwebenden schneebedeckten Berge von Tacna.

Kurz hinter Tacna erreiche ich die Grenze von Peru und sehr hilfsbereit Grenzer gehen mit mir von einer Stelle zur nächsten, um alle Formalitäten zu erledigen. Dieses Land und seine Menschen habe ich bisher auf meiner Abenteuerreise durch Amerika am intensivsten erlebt. Und jetzt sage ich Adios Peru und meinen Freunden dort, dass ich hoffe bald einmal wieder zu kommen.