Lima

11.04.

 

Auf gehts von Huaraz in den Bergen nach Lima. Statt runter geht es bis auf über 4.110 Meter hoch vorbei an wolkenverhangenen schneebedeckten Bergen. Der weite Blick über die Landschaft läd ein zum Verweilen, aber bis Lima ist es noch weit und da möchte ich heute noch ankommen.

 

Schließlich schlängelt sich die Straße bergab entlang einer grünen Flußoase und es wird wärmer bis nur noch Sand und Wüste übrig bleibt.

 

Die Polizei ist in Peru allgegenwärtig. Das erste Mal werde ich noch in den Bergen gestoppt und halte einen netten Plausch. An einer Mautstelle schleiche ich mich vorbei an einem LKW und kurz danach winkt mich die nächste Polizeistreife rechts ran. Erkläre dem Polizisten, dass ich gerade kontrolliert worden bin. Das hilft, ich kann ohne weiteres Vorzeigen der Papiere weiterfahren. Beim Überholen eines LKW lässt sich mein Motorrad nicht mehr schalten und ich breche den Überholvorgang ab, fahre auf den Seitenstreifen. Die Kette ist vom Zahnrad abgesprungen und welch ein Glück nicht gerissen. Das kostet Zeit, aber ist schnell repariert. Gepäck abnehmen, Motorrad auf den Hauptständer stellen und Kette wieder anlegen. Da stoppt hinter mir die nächste Straßenpolizei. Auch diese Polizisten sind sehr nett. Sichern den Seitenstreifen und kennen einen Mechaniker kurz vor Barranca, den ich nicht mehr brauche. Sie wünschen mir nach der obligatorischen Kontrolle der Motorradpapiere noch eine gute Fahrt und weiter geht es ins noch zwei Stunden entfernte Lima.

Bei der vierten Polizeikontrolle kurz hinter der Schnellstraßen-Mautstelle nach Lima wird es dann allerdings haarig. Der sehr junge Polizist will neben meinen Pass, dem internationalen Führerschein und den Motorradpapieren auch meine Motorradversicherung für Peru sehen. Er weiß ziemlich genau, dass die grüne Versicherungskarte aus Deutschland nicht zulässig ist. Erst als nach einer ganzen Weile auch sein älterer Kollege dazu kommt und mir einen zulässigen Versicherungsschein vorführt, darf ich trotzdem weiterfahren. Das hat allerdings viel Überzeugungskraft und Ausdauer erfordert. Hoffentlich treffe ich auf keine weiteren so gut informierten Polizisten und gerate von da ab weit vor Lima von einem Stau in den anderen. Die Temparaturkontrollleuchte schaltet sich ein. Mittlerweile bin ich ohne große Pausen seit über sieben Stunden unterwegs und es sind eigentlich nur noch 15 Kilometer bis zum Hostel. Das hatte ich zum letzetn Mal in der Wüste auf dem Weg zum Joshua Tree National Park in den USA. Ich mache als es im dickem Straßenverkehr möglich ist am Seitenrand eine zehnminütigen Pause zum Abkühlen und dann geht es weiter. 1,1 Kilometer nur noch bis zum Hostel und die Kontrollleuchte geht wieder an. Diesmal nehme ich es in Kauf. Morgen gehts zum BMW-Händler zum hoffentlich letzten Check: Hinterradreifen erneuern, Ölwechsel und hintere Bremsbeläge sind dringend fällig.

12.04.

 

Gleich nach dem Frühstück fahre ich zum keine 10 Kilometer entfernten BMW Motorrad Händler, Comercial Gildemeister, Av. Javier Prado Este 5535, Camacho, La Molina, Tel. (511) 617-9750, Lima – Peru und brauche über eine Stunde dorthin. Die 16 Millionen Einwohner in und rund um Lima verursachen einen selbst für mich unbegreifliches Verkehrsaufkommen. Natürlich geht meine Temparaturkontrollleuchte wieder an und mein Motorrad regelmäßig aus. Bin wirklich froh als ich bei BMW ankomme.

Dort erlebe ich eine fantastische Hilfsbereitschaft und die Chefverkäuferin Dina spricht zudem auch noch fließend deutsch und Eduardo der Chef des Techniksupports englisch. Mit Dina trinke ich einen Kaffee zusammen. Wir führen Frauengespräche, während sie mich durch die halbe Stadt fährt, um einen Hinterradreifen für mich zu besorgen und gehen anschließend im Restaurant ihres Papas essen. Ich kann mein Glück kaum fassen.  

Heute ist Donnerstag und der von Dina organisierte BMW Motorrad Club macht um 20:30 Uhr eine Lima-Ausfahrt, zu der sie mich einläd. Es ist bereits dunkel als ich von BMW zum Hostel zurück fahre. Diesmal weiß ich, dass Motorräder bestimmte Schnellstraßen nicht befahren dürfen, auf die mich mein Navi dirgiert und zweimal die Polizei versucht hat, mich dort auf den Seitenstreifen zu winken. Also nehme ich die normalen Straßen und brauche auch hier für 10 Kilometer knapp eine Stunde. Der Verkehr und die Art und Weise hier zu fahren sind schon sehr gewöhnungsbedürftig bzw. für den der es nicht gewöhnt ist der blanke Horror und selbst Peruaner beschreiben ihn als sehr gefährlich. Unfälle habe ich noch keine gesehen, dafür viele kaputte Autos, einen Mann, der im Stau aus dem Auto ausstiegt, um eine Blume vom Baum zu pflücken und ein sich im Stau stehend küssendes Paar.

 

Ich schaffe es gerade noch rechtzeitig zum BMW-Treffpunkt und los geht es in der Nacht runter zum Pazifik und rauf zum Aussichtspunkt mit zehn anderen peruanischen BMW-Fahrern. Dina und ich sind die einzigen beiden Frauen, die selbst ihr Motorrad fahren. Unüblich in Peru und sie plant bereits ein Frauen-Motorradtraining. Und wenn Frau Motorrad fahren kann, denkt hier natürlich Mann, dass das jeder kann. Ein gutes Verkaufsargument. Nach einem gemeinsamen Essen in einem netten Restaurant fahre ich über leere Straßen mitten in der Nacht zum Hostel zurück und schlafe mit einem Lächeln im Gesicht ein.

13.04.

 

Am Morgen kommen Heike und der Herausgeber der peruanischen Motorradzeitschrift „Perú deportes“ im Hostel vorbei und machen mit mir ein kleines Interview und Fotos. Diana hatte ihnen von mir erzählt und sie wollen eine ganze Seite meiner Abenteuer- Motorradreise widmen. Da bin ich mal gespannt und hoffe, dass ich den Artikel auch irgendwann bekomme.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und hier ist er:

Auf meiner to-do-Liste steht heute als erstes die Elektronik des Motorrades checken. Wieder ist die Uhr ausgefallen und die Bordsteckdose funktioniert nicht, obwohl bei BMW alles gecheckt wurde. Die Sicherung ist zum dritten Mal kurz hinter einander kaputt gegangen. Ich finde ein durchgeriebenes Kabel unter dem Sicherungskasten und kann froh sein, dass bei den vielen Kabeln im Kabelschlauch nur eines blank gescheuert wurde und noch nicht mehr passiert ist. Flicke es mit Isolierband und Kabelbinder so gut ich kann und mache mich auf den Weg neue Sicherungen zu finden. Sicherung wieder eingesetzt und schon funktioniert wieder alles. Hoffe mal, dass das so bleibt.

 

Auf dem Weg zurück zum Hostel

gehe ich noch am Inka Markt vorbei und werde überflutet mit Eindrücken von bunten Decken, Jacken, Taschen, Silberschmuck u.v.m. Da fällt es mir schwer etwas zu kaufen. Schaue mich lieber noch in den Bücherläden nach einer Bolivienkarte um, ohne die nicht gerne weiter fahren will, kann aber nirgendwo eine finden. Erst am nächsten Tag leiht mir ein californisches Paar aus dem Hostel ihre Bolivienkarte und ich kann sie kopieren lassen. Die ist zwar nicht wasserabweisend, dafür aber preiswerter als das ein oder andere Buch über Bolivien mit ganz wenigen Straßenplänen drin. So ausgerüstet kann es morgen weiter gehen Richtung Cusco, mein nächstes größeres Ziel, an dem ich die nächsten Wochen erstmal nicht ankommen soll.