Zurück in Quito und weiter auf der Panamericana Richtung Süden

17.03.

 

Die auch anstrengenden Tagen auf den Galapagos Inseln und die 2.800 Meter Höhe in Quito hinterlassen ihre Spuren. Ich bin müde und genieße die Ruhe im Einzelzimmer im Hostel, skype mit zu Hause und schecke mein Homebanking-Konto mehr zufällig, weil ich bald wieder mit meinem Motorrad Richtung Süden aufbrechen möchte.

 

Von meinem Konto sind in den letzten Tagen mehrfach Automatenverfügungen von Lima aus veranlasst worden, obwohl ich alle Bankkarten noch besitze. Ich bin schockiert und lasse meine EC-Karte sofort sperren, die aber wohl erst von diesem Augenblick an versichert sein soll. Die Dame am Notfalltelefon erklärt mir, dass meine Karte wohl kopiert bzw. gedoppelt worden ist (Skimming) und da gerade Wochenende ist, kann ich meinen Bankberater bis Montag nicht erreichen. Also bleibe ich noch eine Weile in Quito und hoffe, dass nicht noch mehr von meinem Konto abgehoben worden ist.

19.03.

  

Gleich nach dem Frühstück am Montag habe ich einen Polizeibericht erstellen lassen und ihn meiner Bank zugeschickt. Der Polizist war richtig nett und sprach sogar englisch. Denke aber nicht, dass ich dadurch mein Geld zurück bekomme. Ich werde sehen. Bereits nach einem Tag berichtet man mir, dass der Geldautomat, an dem ich war, gesperrt worden ist. Habe mein Motorrad gescheckt: Öl, Reifenluftdruck, Kettenspannung, das übliche halt, damit ich bald weiter fahren kann.

 

Durch die vielen deutschen Gäste im Hostel fällt mir wieder auf, wie groß der Unterschied zwischen Deutschland und in diesem Falle Ecuador ist:

 

In der zwei Millionen Stadt Quito gibt es so gut wie keine Fußgängerampel. Hier haben Fußgänger auf den Verkehr zu achten und können immer dann eine Kreuzung überqueren, wenn die Ampel der Autofahrer rot ist bzw. wenn die Autos stehen bleiben. Autos haben hier normalerweise Vorfahrt. Wenn man dies nicht beachtet wird man zwar nicht gleich überfahren, aber angehupt. Bei mir bewirkt das, dass ich als Fußgänger ersten besser aufpasse (fast wie beim Motorrad fahren) und zweitens ab und zu die Autos ruhig hupen lasse. Zudem fahren hier unglaublich viele gelbe Taxis überall durch die Gegend, die mein einfach mit einem Handzeichen stoppen kann, wenn sie denn frei sind.

Das Verkehrsaufkommen ist relativ hoch und eben so die Anzahl der Hupkonzerte. Da heißt es einfach Ruhe bewahren und mit dem Verkehr schwimmen. Zeit habe ich meistens ja.

 

Seit Mexiko habe ich gelernt immer erst nach dem Preis für etwas, was nicht preislich ausgeschildert ist, zu fragen. Das ist auch hier nicht anders, weil man ansonsten den Verkäufern die Zeit gibt sich einen höheren Preis für Gringos zu überlegen. Mit den Taxifahrern ist das in Ecuador nicht anders. Die wollen in der Regel verhandeln bzw. freuen sich, wenn man ohne jegliche Verhandlung den viel zu hohen Preis zahlt.

 

Viele Nahrungsmittel sind hier sehr teuer, insbesondere eingeführte. Und so kann man in Restaurants sehr preiswert für bereits fünf USD ein reichliches Mittagessen bekommen, aber auch 15 USD zahlen. Im Hostel bekomme ich derzeit jeden Morgen eine ganze Kanne Kaffee für 1,50 USD und das Teilchen beim Bäcker für 65 Cent dazu. Kraftstoff kostet in Ecuador fast nichts und das soll sich in Peru schon wieder ändern, also werde ich vor der Grenze nochmal volltanken.

  

Während es tagsüber relativ warm bzw. heiß ist, wird es in der Nacht bitter kalt. Solche Gegenden erkenne ich schnell an den dicken Bettdecken in Hotels, die ihren Zweck haben. Sonnencreme ist in der Regel ein Muss, da die Sonne am Äquator eine viel intensiver Strahlung hat. Dies bereitet auch meiner Fotokamera manchmal Probleme. Im April ist Hauptregenzeit in Quito und das macht sich bereits jetzt Ende März jeden Nachmittag mit zum Teil starken Regenfällen bemerkbar.

Teure Kleidung oder Schmuck trage ich lieber nicht. Selbst meine für 16 USD gekaufte Baumwollstrickjacke fällt schon auf, so dass ich sie häufig nur abends im Hostel trage und nicht auf der Straße. Ich will Dieben bzw. Raubzügen keine Gelegenheit geben und verhalte mich entsprechend unauffällig. Kreditkarten und meinen Pass habe ich auf der Straße normalerweise nie dabei. Maximal nur den Betrag, den ich gerade zum Einkaufen oder essen gehen brauche. Meine Fotokamera ist immer sicher untergebracht und ich versuche unauffällig damit zu fotografieren. Und ich erfahre häufig durch Gespräche vor Ort wie man sich am besten verhält, wenn man z. B. auf der Straße von einem Polizisten nach seinem Pass gefragt wird: Freundlich lächeln, so tun als ob man ihn nicht verstanden hat und einfach weitergehen, weil Polizisten das garnicht dürfen und diejenigen die das tun korrupt sind.

 

Und da ich bereits schon seit Monaten durch Zentral- und Südamerika reise, habe ich mich an diese Dinge gewöhnt, finde sie nicht ausgewöhnlich und fühle mich relativ sicher.

Und auch die angereisten Menschen im Hostel sind interessant:

Ein deutsche Paar aus Dresden, dass mit mir auf dem Sulidae-Schiff um die Galapagos Inseln gereist ist, berichtet von dem Schiffmotorschaden mit dicker Qualwolke kurz nach meiner Abreise und den Abschleppmanöver durch ein kleines Taxiboot zum nächsten Hafen. Sie besuchen die in Ecuador lebende Tochter.

Der Hostelvater kam vor über 20 Jahren nach Quito und hatte kein Geld für den Rückflug also blieb er in Quito.

Ein weiterer Motorradfahrer aus Orgeon ist nach dem Tod seiner Frau, die er acht Jahre lang gepflegt hat, nun bereits fast ein Jahr auf Weltreise. Mit ihm und zwei anderen Motorradfahrern aus London und Marokko gehe ich zusammen Mittagessen.

Der Lebenskünstler und Reise-Buchautor Steve Lindauer aus der Schweiz und gerade zurück aus Peru geht mit uns essen.

Eine Familie aus der Nähe von Siegen besucht hier ihre Tochter im Sozialen Jahr. Der Vater, Andreas, hat eine Motorradwerkstatt und schaut nach meinem Motorrad. Alles o.k. und auch meine Batterie läd sich von alleine beim Weiterfahren wieder auf, sagt er.

Zwei Universitätsstudenten machen hier für die Galapagos Inseln Studien über Solaranlagen und bezahlen 20 USD für 20 Kopien, die eine halbe Stunde brauchen; waschen und trocknen ihre Wäsche zusammen mit einer Plastikzasche und könne anschließend ihre Sachen entsorgen.

 

21.03

 

Und da ich nun schon so lange hier bin, meine Kontoangelegenheiten erledigt sind und es nicht wirklich etwas Neues für mich zu entdecken gibt, plane ich für morgen meine Weiterreise nach Banos ungefähr drei Stunden von Quito in Richtung Süden entfernt und bekomme vom lieben Hostel-Klaus weiter Adressen von netten Unterkünften zu gesteckt, die auf meinem Weg liegen. Quito werde ich vermissen, die super Unterstützung vom Hostel auch und die Neugier auf Peru , Bolivien und Chile wird immer größer, so dass ich weiterziehen will.

22.03

 

Hostelvater Klaus hat mir schnell noch eine Zeichnung „schnell aus Quito raus“ angefertigt, die wunderbar funktioniert. Ist ja auch kein Wunder, der kennt sich hier aus. Ein bisschen wehmütig verlasse ich die netten Menschen im Casa Helbling, denn das war wohl die längste Zeit, die ich an einem Ort verbracht habe.

Dann geht es los. Im April ist Hochsaison-Regenzeit in Quito und das macht sich bereits jetzt mit intensiven Regenfällen ab ca. 15 Uhr bemerkbar. Deshalb habe ich mir vorgenommen immer viel am Vormittag zu fahren und gegen 14 Uhr anzukommen. Leider klappt das heute nur bedingt. Als ich mich vom 2.800 Meter hochgelegenen Quito auf den Weg mache scheint noch die Sonne und als mich mich bis auf 3.505 Meter weiter hochschraube Richtung Süden, fällt schon am Vormittag Regen. Die Höhe und Regen macht den Tieren auf der Ladefläche des Kleintransporters scheinbar nichts aus. Bis Banos werde ich aber wieder trocken und nur das zählt!

In Banos – Tungurahua - angekommen finde ich Unterkunft in der Hosteria Isla de Banos (Calle Th. Halflants 1-31 and Motalvo, www.islabanios.com) und lerne den Hostelvater Christian kurz kennen. Bleiben werde ich hier nicht lange. Es wird angebaut und das ist mir zu laut. Banos ist eigentlich ein Marienwallfahrtsort, doch weltweit ist er eher wegen seines angenehmen Klimas in 1.800 Meter Höhe und die außergewöhnliche, schöne Landschaft bekannt. Die ich mir morgen ansehen werde. Banos ist auch für seine Süßigkeiten bekannt. Die „Alfenique“ wird sogar in einigen Ladeneingängen in langen elastischen Bändern über ein Holz geschlagen, bis sie die richtige Konsistenz zum Verzehr bekommt.

Von der Kirche am Dorfplatz aus ziehen zwei Trauerzüge durch die Stadt. Einige kleine Geschäfte mit Souvenirs und Lederwaren säumen die Straßen. Es gibt sogar ein Hotel Düsseldorf, eine Pizzaria Italia und an einer Hauswand eine deutsche geschriebene Menükarte. Ich gehe in einem schweizer Restaurant essen.

Zum ersten Mal sehe ich hier auch den Panamahut. Dieser Hut kommt aber garnicht aus Panama, sondern wird in Ecuador in drei bis viermonatiger Arbeit hergestellt. Ein in Panama lebender Franzose erkannte die Modequalitäten des Hutes und präsentierte ihn zum ersten Mal 1855 zur Weltausstellung in Paris. Seither heißt der Hut fäschlicherweise Panamahut. Viele Flechterinnen des Landes tragen den Hut auch während der Felchtarbeiten, die sehr aufwenig und sehr schlecht bezahlt ist. Das Palmenblatt, aus dem der Hut hergestellt wird, muss in der Regel relativ teuer von einem Zwischenhändler gekauft werden, der dann wiederum den Flechterinnen die unbehandelten Hüte für wenig Geld abkauft. Viele Flechterinnen werden von einer die durch Hilfsorganisation unterstützt und fahren mittlerweile selbst hinunter ins Küstenland, um die Palmenblätter preisgünstiger einzukaufen.

23.03.

 

Die Menschen in Banos leben am Fuße des aktiven Vulkans Tungurahua. Vor wenigen Jahren wurde der unruhige 5000er jedoch erhöht aktiv. Grundsätzlich sollte man sich vor der Reise in diese Region Informationen über den Stand der Vulkantätigkeit einholen. Wer dennoch in eine vulkanische Aschewolke gerät, sollte umgehend seine Atmenwege, Augen und Haut vor der Asche schützen. Die Straße, die von der Verbindung Banos-Pelilea nach Süden auf dem kürzesten Weg am Fuße des Vulkans nach Riobamba führt, ist wegen Schlamm- und Ascheablagerungen dann gesperrt. Ich nahm den Weg südlich an Amboto vorbei in Richtung Riobamba.

Aber zuerst schaue ich mir die Landschaft in Richtung Puyo an und fahre bis Mera.

In Riobamba angekommen begegnen mir erst einmal ein Schweinekopf, das Restaurant Montezuma (da gehe ich lieber nicht essen) und ein baumelndes mit Kunststoff ummanteltes Stromkabel unter Augenhöhe am Gehweg.

Im Hotel Tren Dorado (Carabobo 2235 y 10 de Aosto, www.hosteltrail.com) finde ich ein angenehmens Privatzimmer mit Bad und einen Garagenstellplatz unten im Hotel für 12 USD. Nach dem leckeren Essen im Restaurant El Delirio setzte ich mich an eine Straßenecke mit Bushaltestelle und beobachte die Menschen.

Schlendere noch zum Parque 21 des Abril, der über einen Aussichtspunkt verfügt und kann von dort die Kirche und den Berg Chimborazo im Hintergrund sehen.

Morgen gehts direkt weiter nach Cuenca.

24.03.

 

Als ich zum Fenster raus sehe, fallen die Regentropfen in die Pfütze. Eigentlich erwarte ich nicht viel von der Fahrt nach Cuenca und werde dann doch überrascht von stundenlanger wunderschöner ecuadorianischer Landschaft pur.

In Quenca finde ich im Hostal Macondo Unterkunft mit Früstück und hübschem Garten (Tarqui 11-64 y Lamar, www.hostalmacondo, EZ 21 $). Parke mein Motorrad mit Hilfe im Hosteleingang und steige nach einem guten mexikanischen Essen spontan in einen Stadtrundfahrtbus für 5 $ bei schönstem Sonnenschein.

25.03.

 

Cuenca ist die schönste Stadt, die ich in Ecuador bisher gesehen habe und dennoch eben eine Stadt. Mich zieht es weiter und ich werde wieder belohnt mit fünf Stunden Fahrt durch die ecuadorianischen Bergen auf bis über 3.000 Meter Höhe.

Die Regenfälle der letzten Zeit haben die Erde durchweicht und so komme ich an dem ein oder anderen abgerutschten oder noch nicht abgerutschtem Hang und heruntergefallen oder noch herunterfallenden Steinen vorbei. Das kenne ich ja schon aus Kolumbien, nur in Bewegung habe ich das ganze erst jetzt gesehen und das bewegt wiederum mich Gas zu geben, um nicht getroffen zu werden. Gott sei dank war die Straße bereits zweimal von den Erdrutschmassen befreit worden, so dass ich problemlos in Richtung Südecuador reisen kann.

Mache Halt in einem Dorf, in das eine lebendige Marktgasse führt und mische mich unter die dortigen Menschen. Ein eigenartiges Gefühl. Um mich herum Menschen in traditioneller Kleidung und fast alle einen Kopf kleiner als ich. Die Frauen tragen einen langen dicken schwarzen Rock, eine meist rosa Bluse mit einer schwarzer Stola darüber und einen schwarzen Hut wie die Männer. Um den Hals Ketten aus vielen goldfarbenen Kunstperlen. Die Männer ebenfalls in schwarz gekleidet bestechen durch ihren zu einem Zopf geflochtenen langen schwarzen Haar wie die Frauen. Hier ist die Zeit stehen geblieben und trotz meiner schwarzen Motorradkleidung falle ich als einzige Auswärtige auf und werde kurz gemustert. Am liebsten hätte ich alles mit meiner Kamera festgehalten, aber der Respekt vor den Menschen verbietet es mir hier drauflos zu fotografieren. Eine Familie frage ich noch, ob ich sie fotografieren darf, aber sie winken leider ab und so ziehe ich mit den inneren Bildern von einer anderen Welt weiter.

Der Weg nach Vilcabamba wenige hundert Kilometer von der Grenze von Peru entfernt, führt durch Loja (Locha gesprochen). Es ist Sonntag und trotzdem sind recht viele Bewohner auf den Beinen. Nur leider haben heute auch die Banken geschlossen und ich traue mich erstmal nach meiner letzten Erfahrung mit Skimming nicht mehr die außenliegenden ATM zu benutzen.

Angekommen in der mehrfach empfohlenen Hosteria Izhcayluma (www.izhcayluma.com), der Name ist Quichua, eine alte Inkasprache und bedeutet „zwei Hügel“, beziehe ich ein großzüges Zimmer, gehe essen und buche für morgen eine 75minütige Massage für 22 $. Der offenbar auch hier übliche nachmittagliche Regen, lässt mich zur Ruhe kommen und so werde ich erst morgen die Umgebung erkunden.