Pattaya - Segeltörn auf dem Katameran

12.12. 2018 Mittwoch

Die Tage sind mir bereits abhandengekommen. Tag und Datum muss ich von der Uhr ablesen.

Schaue zu meinem Kojenfenster hinaus und sehe auf die kleine grüne Insel vor der ein buntes Fischerboot liegt. Längst über dem Fangbereich befindet sich von Bug bis Heck eine Schlafkabine. Gerade mal so hoch, dass man darin liegen kann. Drum herum viele kleine Fenster zur Wetterbeobachtung. Darüber über dem Wasser schwebende weit verzweigte Stöcke und Seile, an denen Kabel und Lampen für den Fischfang in der Nacht hängen. Schon in den frühen Morgenstunden machten die vielen kleine Boote, die gestern bei unserer Ankunft in dieser Bucht hier lagen, auf zum Fischfang für die Köche in den großen Hotelburgen am Strand von Pattaya.

Am Montag flog ich von Phuket aus her. Der Minibus brachte mich für 180 Bath zur Eingangsstraße des Möwenpick-Hotel. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Ocean Marina. Kurze Zeit später bin ich auf dem gerade eingelaufenen Katameran Zhamba II (Name geändert) . Etwas Weg mit Rucksack auf dem Rücken und einem als Handgepäck bei über 30 Grad am Sandstrand entlang. Vorbei an im Bikini sonnenbadenden Hotelgästen war mir schon jetzt klar, dass ich mit denen nicht tauschen wollen würde. Viel zu groß die Vorfreunde auf das Wasser und das Boot von Rudi und Lara (Namen geändert). 

Sie hatten gerade angelegt und standen bereits als ich im Caddy vorfuhr. Anlegemanöver sind auch für „alte Hasen“ im neuen neun Meter breiten und 55 Fuß langen Katameran spannend. Die Situation zumindest für Lara zunächst angespannt. Die beiden Männer Rudi und ebenfalls „Hand gegen Koje“ Mitsegler Joe ließen sich erstmal nichts anmerken. Auf das kurze Kennenlernen folgte eine ganze Reihe organisatorischer Aufgabe: Fock-Baumabbau zur Reparaturverbringung, Anruf bei Polsterer mit Zurückholung des eingekauften Stoffes und Beauftragung eines anderen Polsterers, die hinteren Luken samt Inhalt vom eingedrungenen Salzwasser befreien, Kitesegel auslegen, von beiden Seiten mit Süßwasser absprühen und festbinden. Ich stieg langsam in die Arbeiten mit ein. Zwischendurch eine Kleinigkeit essen, umziehen, kurz duschen. Nach getaner Arbeit ging es spät am Abend im Monsunschauer ins gegenüberliegende Strandrestaurant. Mein erstes richtiges Thaigericht. Ich schloss mich Joes Auswahl für Reis mit viel Gemüse und einer scharfen Green Curry Suppe an. Dazu ein großes Bier. Zurück und schlafen.

Am nächsten Tag nach dem Kaffee ging es weiter: Die Abdichtung der hinteren Luken übernahm ich, während Joe sägte, schliff und kleine Türventilatoren einbaute und anschloss. Rudi organisierte an Board und mit dem Fahrrad. Mit Lara legte ich die Kitesegel zusammen. Polsterer erschien, um die Heckbänke auszumessen. Wasser tanken, Hafengebühr (125 €/Nacht) bezahlen, in den Strandhütten weiteres Obst einkaufen für die kommenden Tage auf See, Deck klarieren, aufräumen und Auslaufen in der Abenddämmerung mit nahendem Gewitter und zu beobachtenden Blitzen über dem entfernten Bangkok in die kleinen Ausflugsbuchten vor der Marina von Pattaya.

Richtig Zeit sich den extravaganten von Rudi selbst konstruierten Katameran anzuschauen und zu würdigen bekam ich erst heute morgen. Allein die innovative Konstruktion des Dingizuwasserlassens einmalig. Steuerung vorbei an den zumeist mit langem Stock und Fähnchen gekennzeichneten Reusen erfolgte per Autopilot und Richtungsänderung durch Joystick in der Hosentasche von Reiner von Bug aus. Mein privates WC hat eine automatische Spülung per Knopfdruck, während wir uns eine Dusche zu zweit teilen. Habe sie genau zweimal benutzt bis die Pumpe defekt war und blieb. Der Werkstattraum gegenüber der Eignerkoje beinhaltet alles Seglernotwendige. Solarzellen auf dem gesamten Bootsdeck liefern den Strom.

14.12.2018 Freitag

Wir liegen noch in der Inselbucht vor Pattaya und warten auf diverse Reparaturen an Land, um dann über Kambodscha, Ko Samui, Malaysia nach Singapur zu segeln. Wann es genau losgeht ist noch ungewiß. Eigentlich in 10 Tagen. Geplante Ankunft Mitte/Ende Januar. Nicht ganz unkompliziert einen selbstgebauten Katamaran auszudeklarieren. Thailändische Unterlagen, hohe Auflagen, was die professionellen Segelscheine bzw. Kapitänspatente betrifft, so scheint es. Das einmal angegebene Ausfuhrdatum muss wohl auf jeden Fall eingehalten werden und der im neuen Land anzulaufende Hafen auch. Dieser muss vorher einmal kontaktiert werden, wegen der anschließenden Immigrationsmöglichkeit. Nicht so ganz einfach alle Bestimmungen einzuhalten. Kann sein, dass auch noch ein Thailänder mit Kapitänspatent engagiert werden muss, weil die deutschen Segelscheine kein hier zwingend vorgeschriebenes Ablaufdatum enthalten. Wenigstens kennt dieser Kapitän das Seegebiet und den anzulaufenden Hafen.

Und so segeln wir zum ersten Mal nur mit der Fock vom Ankerplatz vor Pattayas Hafenmarina wieder zurück zu unserer bereits einmal angelaufenen Inselbucht. Der Großbaum wird in der Werft verstärkt, weil Rudi der Festigkeit des Aluminium nicht traut.

Joe und ich waren zwischendurch in Pattayas Innenstadt und im Tesco- und CBig-Market diverse Dinge einkaufen. Etwas schwierig, weil vieles auf Thai geschrieben steht, aber möglich für den normalen Hausgebrauch. Und weil Lara immer nur ganz besondere Anforderungen an die Lebensmittel stellt und ich in den letzten Tagen echt hungrig blieb, bin ich froh, dass Joe einfach nur ganz normale Dinge einkauft und Lara Lara sein lässt, damit wir was zu essen bekommen. Hatte bislang das Gefühl, ich würde den Beiden etwas wegessen. Da ist selbst eingekauftes und bezahlte Essen besser!

Besonders sehens- oder bereisenswert, ist Pattaya nicht: Viele Menschen, noch mehr Verkehr, einem Meter Strand, der z. T hinter Baustellenwänden verschwindet. Kann mir gar nicht vorstellen, dass man in einer solchen Gegend Urlaub macht.

20.12.2018

Die Tage vergehen: Mit den ersten Sonnenstrahlen aufwachen. Blick aus dem Kojenfenster auf das blaue Wasser und die Affeninsel Ko Klet Kaeo. Kaffeewasser aufsetzen. Den Ginsengkaffee aufschütten und abkühlen lassen. Mit Blick aufs Wasser ganz in Ruhe trinken. Lara einen guten Morgen wünschen. Langsam ins Gespräch und ins Schwitzen kommen, weil es zunehmend wärmer wird. Dann können verschiedene Arbeiten erledigt werden: Heute die Beschäftigung mit den Navigationsgeräten. Bedienungsanleitung lesen, erste Wegpunkte eingeben, Routen planen, Schiffsangaben eingeben, Strecken messen und viel ausprobieren. Gestern: eine Doppelkoje leerräumen und mit Matratzen auslegen. Vorher dafür Untermatten zurecht schneiden und auslegen. 72 Stunden warten bis die Rollmatratzen sich entfalten und dann die ein oder andere zurechtschneiden. Die Schaumstoffauflagen über der Kühltruhe im Wohnbereich unterfüttern. Schwimmen gehen. Zusammen essen: Laras super leckere Salate und fantastische Smoothies aus den vielen einheimischen Früchten. Mittagsruhe bei 32 Grad in der schattigen Koje einlegen und bei 28 Grad am Abend, wenn die Sonne bereits untergegangen ist, die Hauptmahlzeit vorbereiten und einnehmen, für die es den ganzen Tag über viel zu heiß war.

Und letztlich darauf Warten, dass der Ausreisetermin, 10.01.2019, mit all seinen einzuhaltenden Formalitäten endlich da ist, um den Katameran nach Kambodscha zu bringen. Joe, der sich über seinen Geburtstag eine Auszeit genommen hat und sein Visum verlängern musste, soll wieder an Bord kommen und mitreisen, aber kann nicht noch einmal ausreisen. Der Plan: Er steigt vor Kambotscha aus und kommt auf dem Rückweg, wenn der Katameran dann endgültig ein deutsches Schiff ist, zurück in Thailand wieder an Bord. Dieser Plan war im Nachhinein nur Makulatur. Rudi wollte nie wirklich ein paar freie Tage einplanen, sondern auf Biegen und Brechen nach Malaysia. Die Befindlichkeiten aller anderen Crewmitglieder sind da letztlich nicht wirklich relevant für ihn. Und das sagte mir Lara schon sehr früh. Ich blieb. Joe nicht. 

Im Moment ist es für mich sehr friedlich an Bord. Jeder geht seiner Arbeit nach. Wir führen immer wieder interessante Gespräche über die Welt- und Wirtschaftspolitik, viele Gesundheitsfragen. Lara ist Ärztin, kennt sich da besonders gut aus, muss alles Zum Besten geben und weiß alles besser. Meine Strategie: Bloss nicht widersprechen und sich in unendliche Diskussionen verstricken. Viel zu anstrengend. So reicht es schon. Lebensphilosophien, Familiengeschichten und und und ... Es wird nie langweilig! Eher zu warm. In meinen ersten drei Wochen in Thailand habe ich mich langsam an die Hitze, Luftfeuchtigkeit und den neuen Lebensrhythmus gewöhnt. In den kommenden drei Wochen werden wir dann hoffentlich auch zum ausgiebigen Segeln, Kiten und Tauchen kommen. Letzteres werde ich dann noch lernen müssen. Lese bereits das Buch „Praxis des Tauchens“ und hoffe, dass alles gut geht. Und die Hoffnungen wurden zwar alle geweckt, nur wirklich umgesetzt nie. In erster Linie ging es Rudi um die Ausfuhr des Katameran und nicht darum, auf die Befindlichkeiten seiner unterschwellig ständig eifersüchtigen und überforderten Frau Rücksicht zu nehmen. Neben der körperlichen, insbesondere eine permanente psychisch hoch anstrengende Situation für mich. 

29.12.2018

Weihnachten wurde der verstärkte und neu lackierte Baum geliefert. Joe ist gekommen, packt beim Einhängen des verstärkten Grobaums in den Mast mit an und geht kurz danach wieder seine eigenen Wege. Für mich ein sehr aktiver Mensch weniger und damit weniger Stress. Ein längerer Törn mit so verschiedenen Menschen ist nicht einfach. Das sollte schon passen. 

Wir fahren zurück zur Affeninsel Ko Klet Kaeo und installieren am nächsten Tag den Lazy Jack, das Großsegel mit allen Reffleinen und dem Großfall. Gleich im ersten Versuch verlegt Rudi die Leinen im Baum, Lara und ich installieren den Lazy Jack. Es ist bereits dunkel und so beenden wir unsere Arbeiten für heute.

Am nächsten Tag klappt es im zweiten Versuch mit meinen installierten Reffleinen und gleich im dritten mit Rudis Großfall. Auch wenn Lara am liebsten schon heute losgesegelt wäre, so geht es morgen dann (27.12.) endlich los bei mäßigem Wind zur 30 Seemeilen entfernten Inselwelt in der Nähe von Samaesan Island vor Rayong. Lara hat sich beim Einsteigen ins Dingi ordentlich die Fußsohle am Anker verletzt. Sie kommt dadurch körperlich  mehr zur Ruhe. Kann in den nächsten Wochen weder Schwimmen, noch wirklich mit dem Dingi ans wellige Ufer mitkommen. Das setzt unter Druck. Sie sagt mehrfach, dass sie lieber sofort nach Deutschland zurückkehren möchte. 

Ein Tag Pause wegen fehlender Winde, dafür aber der Besuch von Chong Samaesan Village. Faszinierende Eindrücke von Thailand mit seinen vielen Fischerbooten tuen sich mir auf.  

Während dessen braut sich von Chinesischer Seite wohl ein Sturm auf dem Indischen Ozean zusammen, von dem hier nicht ganz so viel ankommen soll. Ab morgen gibt es dann hoffentlich bis nach Ko Chang ordentlichen Segelwind auch auf dem Golf von Thailand an der Grenze zum Indischen Ozean für uns. Mal sehen …